Bloch erklärt
Die beiden statt ihres Vaters verurteilten Schleckerkinder, die Tochter sieht aus wie Feistor selbst, die gleiche Art der Boshaftigkeit, wurden unmittelbar nach Antritt ihrer Haftstrafen in den Offenen Vollzug versetzt. Das Gericht hatte angeordnet, dass beide ihre Strafen an ihren Wohnorten verbüßen können, Feiste weiterhin in das gewohnte Kafe gehen konnte. Die Strafe des Sohnes konnte nach wenigen Wochen ganz ausgesetzt werden. Feistor sei zuvor nie straffällig geworden und auch vollkommen unauffällig, im Alltag unsichtbar. Er sei vom Bankrott seines Vaters auf eine unmittelbare Weise betroffen, was das Gericht zu berücksichtigen habe. Im Kulturhaus in der Feiststraße haben die neuen Kurse angefangen. Fistor war mit der Concorde aus Amerika gekommen, trägt einen Mantel aus Kamelhaar, Pluderhosen und Stulpenstiefel, bewegt sich mit einer ungeheuren Geschwindigkeit durch die Räume. Er trinkt seinen Kaffee steif und möchte nicht erkannt werden. Zuletzt hatte Bloch an einer Poetik der Arbeit geschrieben, in Gänze unsichtbare Texte, die ohne ein einziges Zeichen auskommen. Hefte ohne Wörter, in denen Bloch all die Arbeiten beschrieb, die nicht als Arbeit wahrgenommen werden. Das Gericht hatte weitere Stellungnahmen in der Sache angefordert. Auch wenn Zensor diese Texte nur bei Bloch abschrieb, beim Abschreiben für das Gericht Fehler in sie hineinschrieb und Ungenauigkeiten, so war es doch nur ihm und anderen Juristen gestattet, für das Verfassen dieser Arbeiten eine Rechnung zu stellen. Während Schindler das Ergebnis der Arbeit beschrieb, Arbeiten miteinander verglich und einordnete, war Bloch mit der Beschreibung der Bedingungen befasst, unter denen Arbeiten ausgeführt werden. Bloch selbst fühlte sich als ein Arbeitender, er bezeichnet die Kunst als Arbeit, die Arbeit als eine Notwendigkeit. So wie der Arbeitende durch das Verrichten seiner Arbeiten all jene miternähren müsse, die keine Arbeiten verrichten können oder verrichten wollen, so müsse die der Kunstschaffende mit seiner Kunst weitaus mehr tragen als nur die eigene Existenz. Man komme auch ohne Kunst in einen Krieg, ohne Kunst aber nie wieder aus ihm heraus
So wie Bloch es verstand, mussten durch die Arbeit des Schreibens sehr viel mehr Leute ernährt werden als der Schreibende selbst. Allein in den Kulturstiftungen und Förderwerken gäbe es eine geradezu unüberschaubare Anzahl an Assistentinnen im Sommerkleid, die gerne die Wohnung kaufen wollen und die darunter, um auch weiterhin im Viertel bleiben zu können. Feistor möchte die Kunst wie ein Produkt gebrauchen, das er wieder und wieder verkaufen kann, bis es sich irgendwann von ganz alleine verkauft. Die vor ein paar Tagen an der Ecke Fistendestraße von einem Lastwagen überrollte Radfahrerin wurde in Erwartung ihres in Kürze eintretenden Todes jetzt dringend für die Weiterführung der Debatte gebraucht, in der es angeblich um etwas ging, das größer ist als das Sterben. Er habe nur darauf gewartet, dass die Frau nicht mehr selber sprechen kann, hatte Zensor erklärt. Jetzt sprachen er und seine Leute für die Frau und alle anderen Frauen. Nirgendwo auch nur ein einziges Wort eines Bedauerns, ein Zeichen der Anteilnahme den Angehörigen gegenüber